Vollformat - Standardzooms für meine D750

Hallo zusammen

Da ich mir nach Jahren nun doch eine D750 zulegte, stellte sich die Frage nach einem Standardzoom. Man sollte aus vielen Posts hier wissen, daß ich absolut kein Typ für Festbrennweiten bin. Im Moment habe ich daher bloß das Yongnuo 35mm f/2, das alte Af-S Nikkor 50mm f/1,4n und das (von mir allerdings hoch geschätzte) Sigma 105mm f/2,8 EX DG OS HSM Macro. Letzteres wird aber bisher ausschließlich als das verwendet was es ist, nämlich ein wirklich phantastisches Makro Objektiv und nicht etwa als leichtes Tele.

Standardzooms sind für mich extrem wichtig. Ich bin ausgesprochen wechselfaul und kein Freund des (Entschuldigung) saublöden Argumentes des "Turnschuhzooms". Blöde deshalb, weil man durch sich nähern oder entfernen halt bloß Zoomen kann, wenn man nicht durch das Gelände oder Raumgrenzen daran gehindert wird. Im engen Raum kann ich nunmal nicht weiter zurückgehen als bis zur Zimmerwand und im Freien nicht eben mal Gleise, Flüsse oder Straßen überqueren, um näher an ein Motiv zu kommen.

Daraus definiert sich für mich übrigens immer wieder, daß es eigentlich nicht DAS Standardzoom gibt oder geben kann. Für den Zooliebhaber ist gewiß ein 2,8'er 70-200mm Telezoom das Standardzoom überhaupt, der Landschaftsfotograf mit Sinn für weite Landschaften mag sein Nikon 14-24mm, Tamron 15-30mm, oder Sigma 12-24mm lieben und fast ausschließlich benutzen. Wechselfaule aber flexible City und Street Fotografen, greifen vielleicht lieber und ausschließlich zum "normalen" Standardzoom, also etwa einem 24-85 oder 24-120mm, oder sehr offenen 2,8'er 24-70 von Nikon, Tamron oder Sigma, oder an DX zum weit offenen Sigma 18-35mm f/1,8 für die Stadt bei Nacht. 

Genau daher, hatte ich meistens mehrere Zooms. Egal ob an DX oder FX. An FX ist für Reisen mittlerweile immer mein wunderbares Nikon AF-S Zoom Nikkor 28-300mm f/3,5-5,6G ED VR gesetzt. Das Teil ist aber schwer und hat ausgeprägten Zoom Creep.

Für ganz dunkle Situationen oder dem Wunsch nach mehr Freistellung habe ich wieder ein Tamron SP 24-70mm f/2,8 Di USD VC. Scharf, lichtstark und ausreichend flott, ist es ideal für Abends, einen Weihnachtsmarkt und vieles in Gebäuden. Es ist aber manchmal halt auch nicht lang genug.

Für Landschaft und engere Räume momentan noch ein billiges, kleines und leichtes Tamron 19-35mm f/3,5-4,5.

Das Nikon AF-S Zoom Nikkor 24-120mm f/4G ED VR hatte ich zum zweiten male und wieder aussortiert. Man mag es glauben oder nicht, aber das 28-300mm ist fast genau so scharf und das 24-120 kaum leichter und kleiner. Das Tamron 24-70mm ist zudem nochmals schärfer und in ähnlichem Gewichts und Größenbereich. DAS Standardzoom für den Alltag sollte aber kompakter oder wenigstens leichter sein, gut abbildend und ausreichend schnell. Und zwingend stabilisiert natürlich. Da trägt man leichter, schont die teureren Linsen und bekommt trotzdem ordentlich Abbildung, sprich, man schnappt sich das Geraffel eher mal und nimmt es einfach mit.

Der Brennweitenbereich des 24-120 ansich ist natürlich nahezu ideal am Vollformat, für den Alltag halt und sehr sehr viele Fotosituationen. Ich habe es daher gewagt und mir nochmals ein Vorgängermodell des 24-120mm f/4 besorgt. Nämlich das recht alte und eigentlich analoge Nikon AF-S Zoom Nikkor 24-120mm f/3,5-5,6G ED VR aus Anfangs der 2000'er Jahre. Von Ken Rockwell als eines der schlimmsten Nikkore überhaupt angeprangert und in zig Foren als unbrauchbare Scherbe verschrien, hatte ich persönlich es aber doch nicht ganz so schlimm in Erinnerung. Wichtig scheint wohl, daß man ein Teil zweiter Serie mit einer 5 an erster Stelle der Seriennummer verwendet (wie ich einmal irgendwo las):

http://i-am-henning.blogspot.de/2014/05/zugang.html

http://i-am-henning.blogspot.de/2014/05/standardzomm.html 

Recht günstig bekommen, habe ich es mir also nochmal besorgt. Um aber auch auf Nummer Sicher zu gehen, habe ich mir gleichzeitig mein ehemaliges Standardzoom an der D600/610 nochmals gebraucht gekauft, das tolle Nikon AF-S Zoom Nikkor 24-85mm f/3,5-5,6G ED VR. Klein, leicht, ausreichend schnell, top verarbeitet und vor allem durchaus scharf, sollte es nach wie vor eine gute Wahl sein. 

http://i-am-henning.blogspot.de/2014/09/ich-mag-es-jetzt-das-nikon-af-s-zoom.html

Ihm mangelt es halt etwas am langen Ende. 85 zu 120mm sind jetzt zwar kein weltbewegender Unterschied, aber wenn etwas sehr weit weg ist, kann man bei 85mm dann halt schneller beim Croppen am Ende sein als bei 120mm. Andererseits steht das alte 24-120mm nun einmal im Ruf in jedem seiner Brennweitenbereiche eher weich abzubilden. 

Da das 28-300mm und 24-70mm aus vorgenannten Gründen gesetzt sind, geht es also eher um die zwei letztgenannten AF-S VR Nikkore.

Um es vorweg zu nehmen, behalte ich erstmal beide. Das 24-120mm VR ist tatsächlich weniger auflösend als das schön scharfe 24-85mm VR, aber jetzt auch nicht wirklich schlecht. 

Man muß sich dabei wirklich einmal vor Augen halten, das heute an Gläsern verwendet oder empfohlen wird, was noch vor Jahren ausschließlich Profis vorbehalten war. Aber womit, mit was für Scherben nach dieser Denke, haben wir denn dann all die Jahre unsere Fotos gemacht? Und sind die so schlecht geworden? Geht es denn meistens nicht um die Abbildung des Augenblickes und nicht um Randschärfe, Vignettierung oder letzte Auflösung?
Fragt ein Anfänger nach einem Objektiv, kommen gleich Tipps zu diesem oder jenem 2,8'er Zoom, zu 1,8'er Festbrennweiten oder gar einem Sigma 18-35mm f/1,8 Art. Gläser die oft deutlich oder gar ein mehrfaches teurer als die gerade erworbene kleine D3xxx oder D5xxx sind und den Neuling erstmal gar kein Stück weiter bringen. Die wirklich allermeisten die ich kenne, hatten ein 50mm f/1,8 und haben es heute nicht mehr. Entsprechend groß sind immer die Angebote in Ebay oder Forenhandel. Früher Normalobjektiv genannt, weil es den "normalen" Blickwinkel des menschlichen Auges abbilden soll, war man damals doch froh, als es endlich Zoomobjektive gab. War es nicht so? Endlich auch mal den Affen im Zoo groß genug abbilden können, endlich auch Tante Hildegard ganz mit auf dem Familienfoto und nicht angeschnitten weil das 50mm viel zu eng abbildete. Kaum gab es Zooms, blieben die 50mm Gläser meistens zuhause, wenn sie überhaupt noch gekauft wurden. Wer hat denn schon wirklich Portraitfotografie betrieben, oder Gegenstände freigestellt? Genau, eigentlich nur Profis. Heute kann das jeder, weil es digitale Fotografie gibt und Experimente keine Film- und Entwicklungskosten mehr bedeuten. Das ist auch gut so, aber ist es deswegen zwingend notwendig? Klar kann ich mit dem 1,8'er oder gar 1,4'er Glas das vordere Auge scharf abbilden und freistellen. Aber will ich das? Will der Anfänger mit erster Kamera, daß dabei die Schärfeebene bei 15 von 20 Fotos eben nicht da liegt wo sie sein soll, weil er selbst oder das Motiv im Augenblick der Auslösung gerade wackelte? So schön das alles sein kann, so enttäuscht kann man als Unbedarfter über unscharf erscheinende Fotos sein, die aber in Wirklichkeit bloß das eigene Unvermögen aufzeigen und nicht ein Versagen des Objektives.
Ich denke immer, gerade für den Anfänger ist es wichtig, daß er mit vernünftig abbildenden, aber auch flexiblen Objektiven langsam in die Fotografie hereinwächst. Da bringt es wenig, wenn ihm teure Gläser und Kameras, womöglich gleich das Vollformat vorgeschlagen werden, wie es in den einschlägigen Foren oft geschieht. Mir stehen die Haare zu Berge, wenn ernsthaft Anfängern der Wechsel zum Vollformat mit Festbrennweiten nahegelegt wird, denen sich davor nicht mal die bisherige D3100 mit Kitglas erschlossen hat.
Um es auf den Punkt zu bringen. Wenn es um die Abbildung einer Situation, eines Augenblickes ansich, nicht um dessen Schärfe etc. geht, hat früher wie heute immer auch ein mittelmäßiges Objektiv ausgereicht. Und ich finde es wirklich nicht mehr normal, wie elitär mancher die Nase rümpft, wenn man sich erdreistet, ein Zoom mit mehr als 2,8'er Offenblende zu verwenden. Wobei ich mehrfach sogar las, daß 2,8 ja doch schon recht lichtschwach seien. Geht es noch irgendwie? 
Kurz und bündig: Wenn man nicht jedes Foto vergrößert und in der 100% Abbildung anschaut oder gar analysiert, sondern sich einfach an kontraststarken und farbenfrohen Fotos freuen mag, kann sogar ein so verschrieenes Glas wie das 24-120mm f/3,5-5,6G ED VR richtig Freude machen. Denn von allerletzter Schärfe abgesehen bildet es ja ganz annehmbar ab, ist deutlich leichter und kompakter als die neue f/4 Version oder jedes 2,8'er, hat recht schnellen und sehr leisen AF-S und einen sehr guten Stabilisator eingebaut.
Deswegen wird zwar mein gut scharfes AF-S 24-85mm f/3,5-4,5G ED VR zum Immerdrauf für den Alltag an der D750. Aber weil ich vor habe, momentan ausschließlich in FX zu fotografieren, werde ich mich nach einer günstigen, gebrauchten D600 umschauen und diese dann mit ausschließlich angebrachtem AF-S 24-120mm f/3,5-5,6 VR in einer Fototasche im Kofferraum meines Wagens deponieren. Damit man trotzdem immer etwas dabei hat, auch wenn das Haupt Equipment zuhause bleib.

Hier mal die genannten Gläser im Größenvergleich. Man kann ungefähr davon ausgehen, daß sich mit der Länge und Breite jeweils auch das Gewicht deutlich steigert:


Interessanterweise steigert sich dabei auch die Verarbeitung, mit einer Ausnahme. Das 24-85mm an erster Stelle ist doch merklich besser verarbeitet als das ältere 24-120mm an zweiter Stelle. Den besten Eindruck vermittelt übrigens das 28-300mm, bei dem der Zoom Creep allerdings sehr stark ausgeprägt ist. Es zoomt am Gurt hängend etc. gnadenlos auf volle Länge aus. Trage ich es an der Kamera herum, fahre ich es ein und verriegle es mit dem gut zu erreichbaren Schalter.

Die zwei mittleren Zooms im direkten Vergleich. Das 24-85mm ist wie erwähnt merklich besser verarbeitet. Der Body des 24-120 gibt an einer Stelle zwischen dem VR Schalter und dem VR Logo leicht nach und knarzt dabei. Der Doppeltubus neigt etwas zum wackeln und ich weiß dabei, daß sich das ähnlich wie bei den DX Linsen 18-70mm und 18-200mm VR und VR II bei längerem Gebrauch verschlimmert. Man sieht auf den Fotos am unten hervorlugenden Bajonett sogleich, daß das 24-120mm gegenüber dem 24-85mm noch keine Gummimanschette zur Abdichtung hatte. Und insgesamt wirkt das Material etwas leichter und/oder dünnwandiger. Das ist aber schon Jammern auf recht hohem Niveau, denn da hatte ich schon weit weit klapprigeres in der Hand.





Von vorne betrachtet sind sie sich recht ähnlich, auch was vereinzelten Staub hinter der Frontlinse betrifft:


Auch die Schalter und deren Bedienung sind fast gleich und geben keine Rätsel auf. Beim 24-120 ist ein VR erster Version verbaut, während im 24-85 ein VR II werkelt. Unterschiede kann ich bei deren Arbeit aber keine erkennen. Beide stabilisieren bloß auf einfache Weise und bieten nicht den "Active" Modus etwa des 28-300mm, der stabilisierte Mitzieher erlaubt.




Um die zwar sichtbaren, aber meistens, meiner Meinung nach, doch vernachlässigbaren Schärfe / Auflösungs Unterschiede aufzuzeigen, habe ich mir weniger Mühe gemacht, als die Gläser vielleicht verdient hätten. Aber Serientests sind mir ein Gräuel und allermeistens auch praxisfern. Weder verwende ich großartig Stative, noch fotografiere ich Ziegelwände um Verzeichnungen und Randunschärfen festzustellen, oder messe ich Vignettierungen oder Auflösung in den Bildecken. Ich mache Fotos in der Praxis und entweder gefällt mir ein Glas von Handling und Output oder halt nicht. Trotzdem einmal wenige "Vergleichsfotos" unter weitestgehend gleichen Bedingungen. Beim 28-300mm dann zum Vergleich bei etwa 85mm und angehängt die vollen 300mm. Mittlere Brennweiten und verschiedene Blenden habe ich mir gespart, das würde bei allem Aufschrei der nun erfolgen wird bei mir zu weit führen und eben doch sorgfältiges Arbeiten und Stativ erforderlich machen.

Und noch ein letzter Satz dazu. Jeder einzelne "Abbildungsfehler" trägt zum Charakter eines Objektives bei. Das darf man niemals vergessen. Wären alle Gläser Verzeichnungs und Vignettierungsfrei, scharf bis in die Ecken und ohne Randunschärfen, Flare, Ghost, CA oder anderem, mit allerbestem Bokeh dank 9 gerundeten Blendenlamellen versehen, wer würde das eine noch vom anderen unterscheiden können??


Die Reihenfolge ist jeweils 24-85, 24-120, 24-70 und 28-300. Immer Offenblendig.

Zunächst ein Motiv mit feinen Strukturen und knalligen Farben:

24-85mm bei 24mm f3,5

24-120mm bei 24mm f3,5

24-70mm bei 24mm f2,8

28-300mm bei 28mm f3,5




24-85mm bei 85mm f4,5

24-120mm bei 120mm f5,6



24-70mm bei 70mm f2,8

28-300mm bei 82mm f5,0

28-300mm bei 300mm f5,6

Dann ein Motiv mit stärkeren Kontrasten:

24-85mm bei 85mm f4,5

24-120mm bei 120mm f5,6

24-70mm bei 70mm f2,8





28-300mm bei 85mm f5,0

28-300mm bei 300mm f5,6

Ein anderes Motiv mit feinen Strukturen, so etwa aus 5 - 6m Entfernung und aus der Schräge durch das Fenster fotografiert:

24-85mm bi 85mm f4,5

24-120mm bei 120mm f5,6

24-70mm bei 70mm f2,8

28-300mm bei 85mm f5,0


 28-300mm bei 300mm f5,6

Hier noch vergleichende Ausschnitte, nur im Telebereich:


24-85mm bei 85mm


24-120mm bei 120mm


24-70mm bei 70mm

28-300mm bei 85mm

28-300mm bei 300mm

24-85mm bei 85mm

24-120mm bei 120mm

24-70mm bei 70mm

28-300mm bei 85mm

28-300mm bei 300mm

24-85mm bei 85mm

24-120mm bei 120mm

24-70mm bei 70mm

28-300mm bei 85mm


28-300mm bei 300mm


Aufgrund dieser ungenauen Vorgehensweise kann man resümierend wohl vage aussagen, daß sich die Erwartungen insgesamt aber in etwa bestätigen. 
1. Das 24-85mm bildet immer sehr ordentlich ab. 

2. Das 24-120mm ist brauchbar, aber in der Vergrößerung weicher als die anderen. 

3. Das 24-70mm ist schon bei f2,8 deutlich besser als die vorgenannten. 

4. Der eigentliche Gewinner ist bei mir allerdings das Superzoom 28-300mm VR, vor allem am langen Ende. Im Weitwinkel im Nahbereich zwar fast so weich wie das 24-120mm, bildet es am langen Ende bei 300mm auch in der mittleren Distanz hervorragend ab und liefert sogar bessere Kontraste als die kürzeren Zooms davor. Trotzdem ist und bleibt es zu lang und zu schwer, als daß es für den Alltag mein Immerdrauf sein könnte. 

Gerade wegen den anderen Alternativen wird es also auf die drei Standardzooms 24-70mm bei erwartbaren Situationen mit wenig Licht (z. B. Weihnachtsmarkt, Museum, Kirche), 24-85mm für den Alltag und 28-300mm für den Urlaub hinauslaufen. 
Das 24-120mm behalte ich wie erwähnt zunächst und besorge mir beizeiten dafür eine D600 und kann in der Kombination für Alltagsfotos dann sowohl meine D750, als auch die anderen Gläser schonen.


Ciao


Nachtrag v. 02.04.2018:


Das 24-120mm 3,5-5,6 ist doch verkauft und ich beschaffe mir wieder ein 24-120mm f/4. Es bildet so gut wie das 24-85mm VR ab und hat einen schönen Brennweitenbereich. Das 24-70mm erwies sich des öfteren wieder mal als zu kurz und wurde verkauft.

Kommentare