Eine Nikon D800

So ist es nun also doch noch geschehen. Kaum vorläufig aus dem digitalen Kleinbild/Vollformat ausgestiegen, lockten jetzt die fallenden Preise bei der großen D800. Bis vor kurzem noch die Königin der halbprofessionellen Nikon unterhalb der einstelligen Kameras, hat das Erscheinen der deutlich verbesserten D810 die Preise stark in den Keller fallen lassen. So komme nun auch ich in den Genuß der dicken Dame.

Und sie ist wirklich groß, nein, sogar sehr groß. Das Prisma in etwa mit der Höhe der D700 gleich, aber mit weit muskulöseren Schultern, weil diese stark hochgezogen wurden. So wirkt die Kamera insgesamt fast noch größer als sie ist und tatsächlich wiegt sie ja "bloß" ganze 150 Gramm mehr als eine als Einstiegs Vollformat DSLR titulierte D610 und ist sogar ganze 95 Gramm leichter und 1mm schmaler als die selige D700. 

Größenvergleich D700 - D800 

Trotzdem wirkt sie erstmal wie ein Trumm auf mich, ohne allerdings zu schocken. Ich bekam sie mit angesetztem Sucher - Vergrößerungsglas BK-17m. Von vielen Anwendern gelobt und geliebt, ließ es mich als Brillenträger den großen Sucher aber eher schlechter überblicken. Hatte ich genauso mit der Sucherlupe für DX. So wurde die BK-17m  also entfernt und fand gleich einen Abnehmer. Jetzt habe ich freies Blickfeld auf den gesamten Sucher, der sogar 100% aufzeigt statt deren 95% bei der D700. Im direkten Vergleich mit der D7100 und sogar mit der 3300 mit eigentlich schlechterem Pentaspiegelsucher, scheint mir der Sucher der 800 allerdings etwas dunkler zu sein. Ich überlege noch woran das liegen mag, gewiß bloß Gewöhnungssache.
Der Griff ist eher gut und deutlich besser als an den D610 und 7100. Das große Gerät hat man gut im Griff und kein irgendwie unsicheres Gefühl beim Halten. Ich finde ihn auch ergonomischer als noch an der D700.
Mit dieser teilt sich die D800 einen Großteil der Bedienungsweise. Sie hat einen ähnlichen Bedienungsknopf zum Drehen und mit Tastern versehen auf der von hinten linken Seite wie die F100/D300/700, aber mit vier statt der üblichen drei Tasten:

Oberseiten D800 - D700 

Über den AF kann ich noch nicht viel sagen, es ist halt das gleiche Modul wie bei der viel gelobten D700, weshalb ich nichts negatives erwarte.
Die Bildqualität ist so eine Sache. Natürlich bietet sie sehr gute Dynamik usw. Die D800 löst aber so immens hoch auf, daß man nicht nur gutes Glas braucht, sondern wegen den kleineren Pixeln auch kürzere Zeiten beim Fotografieren verwenden soll. Kleine Unschärfen werden angeblich deutlicher aufgezeigt als bei den anderen digitalen Kleinbild - Sensoren. Immerhin hat man ja auch die genau dreifache Auflösung der gutmütigen D700 und 50% mehr als bei einer D610/750.

Ich habe es gestern gemerkt, bei den ersten Testaufnahmen mit der schweren Dame.  Mein AF-S 24-85mm VR war nicht da, weshalb ich mit dem superleichten analogen AF Nikkor 28-80mm f/3,3-5,6G unterwegs war. Für ein lichtschwächeres und unstabilisiertes Glas war am Teich neben dem Friedhof allerdings recht wenig Licht vorhanden, sodaß ich gleich die genannten Unschärfen zu spüren bekam. Letztendlich mußte ich die Kamera mangels Stativ auf einer Parkbank ablegen, um wenige gute Fotos zu bekommen. Hier ein mit "Nik Color Efex Pro 4" herbstlich stilisiertes Beispiel von gestern. Ich denke, die mögliche hohe Auflösung kann man wenigstens erahnen:




Heute dann das AF-S 24-85mm f/3,5-4,5G ED VR und es harmonisiert tatsächlich gut mit der Kamera. Erste Testaufnahmen von unserer süßen Gastkatze lassen Gutes erahnen:



Jetzt möchte ich die Kamera wie üblich aber auch herzeigen, erzählen kann man ja viel! Alle Fotos (bis auf eines) habe ich mit der supertollen D3300 und dem wunderbaren Sigma AF (C) 17-70mm f/2,8-4 DC OS HSM samt Nikon SB-700 Blitz gemacht:



Richtig groß wirkt sie meiner Meinung nach vor allem von hinten, nicht nur auf den Fotos:


Dazu tragen der sehr große Sucher und die stark hochgezogenen Schultern bei, hier noch mit angesetztem rundem BK-17m (das originale Okular ist gleichfalls rund, bloß deutlich flacher). Wie bei der D700 gibt es auch wieder einen Okularverschluß, der über den kleinen Hebel links oberhalb davon bedient wird. Rechts am Sucher gerade noch erkennbar, ein ausziehbares Drehrad für den einstellbaren Dioptrienausgleich:


Der legendäre Multiknopf, der hier aber vier statt drei Taster obenauf hat. Darunter der arretierte Drehring für Einzelbild, Serienbild langsam, Serienbild schnell, Quietmodus, Zeitauslöser und dauerhaft hochgeklapptem Spiegel. Dieser ist gegenüber den D300/700 vergrößert und läßt sich dadurch deutlich besser bedienen:


Auch die rechte Seite gibt keine Rätsel auf, man findet alles sofort. Statt des Drehrades für die Aufnahmemodi bei D610 und 7100, drückt man hier den Taster "Mode" und wählt gleichzeitig mit dem hinteren Daumenrad den gewünschten Modus. Das Ganze ist dabei jeweils ablesbar auf dem Schulterdisplay, oder auf der Infoanzeige des großen Displays (und sogar recht klein im Sucher selbst):


Kartenschächte hat sie zwei. Wie bei der D700 mit jeweils einer Aufnahme für SD und CF Karte. Bei den D610/7100 z. B. kann man zwei SD Karten einstecken, was ich persönlich zweckmäßiger finde:


Der gebrauchten Kamera lag ein nicht originaler Batteriegriff der Firma "Pixel" bei, den ich wohl aussortieren werde. Die Kamera fast sich schon ohne sehr gut an und wird mit dem Griff dann wirklich viel zu groß. Er ist bei meinen kompakten Objektiven auch nicht nötig. Einen teuren originalen MB-D12 werde ich mir daher wohl kaum zulegen. Der Pixel sieht auf den ersten Blick zwar recht ordentlich aus, hat aber qualitativ kaum Chancen gegen ein Original und bewirkt zudem, daß die LED der Kamera beim Anfassen des Griffes blinkt:





Im Vergleich mit der D7100 und sowieso mit der D3300, sieht man die schiere Größe der Kamera. Vor allem von hinten ist das beeindruckend.
Man sieht aber auch, daß die Tastenbelegung und Verteilung nahezu identisch ist mit der D7100 und damit auch der 600/610. Der Unterschied in der Bedienung reduziert sich fast ausschließlich auf das Modi - Wahlrad bei der kleineren Kamera / den Multifunktionsknopf der dicken Dame:



Die wunderbare kleine D3300 bleibt in jedem Fall als superleichtes Backup bei wirklich guten Ergebnissen. Und als leichte Urlaubskamera wird sie mir mit den Sigma 10-20mm und 17-70mm gute Dienste erweisen. 
Die D7100 werde ich wohl abgeben, denn ein zweites halbprofessionelles System neben der 800 würde eher wenig Sinn ergeben. Aber wer weiß, ob mir die 800 auf Dauer nicht auch zu groß und zu schwer wird.

Ciao 

Nachtrag vom 09.11.2015:

Tja, lange hat es wirklich nicht zwischen uns gehalten. Aber nicht, wie im letzten obigen Satz befürchtet, wegen Größe/Gewicht der Kamera. Beides empfand ich als durchaus angenehm und der Kameragriff ist so gut, daß kein Wunsch nach einem zusätzlichen Batteriegriff aufkam. 
Vielmehr komme ich mit den vielen Pixeln nicht zurecht. Die D800 erfordert meiner Meinung nach, neben sehr gut auflösenden Gläsern, besonders kurze Zeiten. Kürzere als bei anderen jemals verwendeten Kameras. Weil die hohe Auflösung Verwacklungsunschärfen sowohl des Fotografen als auch des Motives gnadenlos aufdeckt. Zwar eher auf Pixelebene, aber dann auch durchaus störend. Das zur Besserung erforderliche wiederum entspricht aber nicht gerade meiner Art der Fotografie überwiegend in Zeitautomatik, sondern würde ganz im Gegenteil eine Blendenautomatik mit vorgewählter schneller Zeit voraussetzen. 
Daneben rauscht die D800 deutlich früher und vernehmbarer als etwa die 24MP Vollformater oder sogar die 24MP DX Kameras. Ich hätte eingeschätzt, daß sie zwischen der 7100 und 610 liegt, aber es kam mir eher vor, daß sie noch unterhalb einer D7100 liegt. Darin mag ich mich täuschen, empfand es aber wirklich so. Bilder vom See bei ISO 3200 ließen sich kaum noch nachschärfen, weil man das Graurauschen gleichfalls verstärkte. Wenn aber max. ISO 3200 drin sind wo ich selbst bei der D3300 in Ausnahmefällen bis ISO 6400 gehen kann, habe ich einen eigentlich doch grundlegenden Vorteil von Kleinbild - Sensoren verloren. Heute nochmal probiert ist ein ISO 3200 aus der D3300 deutlich angenehmer als eines aus der D800 und das kann es dann für mich nicht sein. Gerade vom digitalen Kleinbild erwarte ich hohe, oder zumindest deutlich höhere High ISO Tauglichkeit als von weit günstigeren DX Kameras. Und auch dies hat wieder mit meiner Fotografie zu tun, bei der ich mich fast grundsätzlich mit JPEG zufrieden geben möchte. Bei Verwendung von RAW (NEF) Dateien in LightRoom oder ähnlichem, wäre es sicher anders gekommen. Trotzdem wäre die 800 eine empfindlichere Kamera bezüglich Rauschens.

Schnell wurde mir daher bewußt, daß ich mit der sonst wunderbaren Kamera nicht klarkommen werde, einfach nicht damit warm werde. Wieder verkaufen und dann was anderes suchen, dazu hatte ich keine Lust. Also habe ich die Kamera zum Tausch in ein Forum gesetzt. Zum Tausch gegen eine D600/610, die als Wertausgleich deutlich weniger Auslösungen haben sollte als die 29.000 der 800. Recht schnell meldeten sich Interessenten und mit drei davon wurde es auch konkreter. Noch auf feste Zusagen wartend, bekam ich aber nachts (ich war auf Nachtschicht) ein  fantastisches Angebot. Meine drei Jahre alte D800 mit 29.541 Auslösungen, gegen eine nagelneue D610 mit gerade einmal 60 Klicks!! Wie meine 800 auch mit einem Billiggriff von "Pixel" und originalem Zweitakku. Mir war schnell klar, daß die Kamera aus einem Tausch "Alt gegen Neu" bei Nikon stammt (D600 mit Sensorfleckenproblem gegen neue und fleckenfreie D610) und das bestätigte der Anbieter auch. Also hielt sich sein gefühlter Verlust in Grenzen, denn seine D600 hatte er ja Monate vorher bezahlt und dann halt eine neue 610 im Tausch bekommen, die ihm durch die Erfahrungen mit der 600 vielleicht nicht mehr geheuer war. Gebraucht verkauft hätte er auch ungefähr die von mir für die D800 angesetzten 1150,- Euro bekommen, vielleicht sogar weniger. 
Wie dem auch sei, bekomme ich wahrscheinlich morgen schon eine fast nagelneue D610 mit gerade einmal um die 60 Auslösungen. Ich freue mich wie ein Schneekönig, denn so wie die wunderbare kleine D3300 ist die D610 eine der Kameras, die mich von all meinen Nikons bisher am meisten beeindruckten. Man bekommt wirklich allerbeste Bildqualität und sehr hohe High ISO Qualität zum moderaten Preis. Bildtechnisch liegt sie zwischen der schlechteren D800 (36MP) und etwas besseren D4/DF (16MP). 
Mögliche Defizite beim AF (Feldgröße, Geschwindigkeit) interessieren mich nicht, weil ich kein Sportfotograf bin und allermeistens AF-S mit mittlerem Kreuzsensor verwende. Den etwas schlechteren Griff kompensierte ich schon vorher mit der Verwendung eines BG. Für mich persönlich ist die D610 also wirklich das momentan beste Vollformat Paket bei Nikon. Heute Abend stecke ich die D800 mit allem Zubehör in die Packstation und freue mich morgen oder übermorgen wieder auf eine schöne Nikon D610. Dank AF-S 18-35mm 3,5-4,5G und 24-120 f/4 VR, habe ich diesmal sogar etwas bessere Gläser am Start als noch bei der D610 davor mit dem 18-35mm D und 24-85mm G VR.

Ciao

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