Günstiges für's Vollformat, Nikon AF 28-80mm G und Sigma AF 28-135mm.

Ich habe im Moment zwei sehr günstige aber gute Linsen zuhause, die ich als Anreiz etwas näher vorstellen möchte. Beide bekam ich für ein Taschengeld:



Das Vollformat ist ja nun seit wenigen Jahren erschwinglich geworden. Kameras wie die Nikon D600 und die Canon EOS 6D haben erheblich dazu beigetragen. 
Mit dem Kauf einer Vollformatkamera ist es dann natürlich nicht getan, wer vorher mit DX/APS-C fotografierte braucht ja oft komplett neue Gläser. Pauschal wird dabei manchmal behauptet, die nötigen Objektive für das Vollformat wären extrem teuer. Das ist so aber nicht ganz richtig. Vielmehr braucht man auch dann oft sehr teure Objektive, wenn man die DX Sensoren ausreizen möchte. Man vergesse nicht, daß die Pixeldichte einer D7100 deutlich kleiner ist als die einer D610. Die 24.000.000 Pixel einer DX Kamera quetschen sich halt auf einem weit kleineren Sensor als beim Vollformatsensor der 610. Entsprechend teuer sind DX Pretiosen wie ein AF-S DX 17-55mm f/2,8 oder das "günstigere" AF-S DX 16-85mm f/3,5-5,6, um nur zwei zu nennen. Es braucht aber nicht unbedingt teure Objektive, sondern bloß optisch gute, die von sich aus bereits eine sehr gute Auflösung mitbringen. Man bedenke hierbei auch, daß ein Amateur mit dem Wunsch nach größtmöglicher Rauschfreiheit beim Vollformat nicht unbedingt gleich die Holy Trinity (14-24mm, 24-70mm und 70-200mm VR mit jeweils Offenblende 2,8) oder andere teure Nikkore braucht

Sicherlich ist es wohl erstmal am Besten sich die gewünschte Kamera gleich mit einem guten Kit-Objektiv, wie etwa dem Nikon AF-S 24-85mm f/3,5-4,5G ED VR zu kaufen. Da hat man recht vernünftiges Glas für viele Anwendungsbereiche, das mit dem jeweiligen Sensor absolut mithalten kann. Aber auch solch ein Kitglas kostet doch schon einiges. Wer erstmal bloß Geld für einen (vielleicht gebrauchten) Vollformatbody hat, kann aber trotzdem recht günstig zu ausreichend gutem Glas kommen.  
Zuallererst gibt es für Nikon da natürlich die alten AF Gläser ohne Motor, die aus der analogen Anfangszeit der Nikon AF Fotografie stammen, aber teils auch heute noch gebaut werden. Ein AF 50mm f/1,8 sollte man für um 50,- Euro gebraucht bekommen. Ein AF 28mm f/3,8 wird etwas teurer, sollte aber für deutlich unter 100,- Euro zu haben sein. Die D Varianten sind dabei nicht unbedingt nötig, denn die damit übertragenen Entfernungsinformationen tragen in nur wenigen Situationen zu genauerer Belichtung bei und sind bloß bei eingeschalteter Matrixmessung überhaupt relevant. Neben solchen günstigen Festbrennweiten gibt es noch allerlei mehr oder weniger gute AF - Zoomobjektive, etwa das AF 35-70mm f/3,3-4,5 mit wirklich erstaunlicher Schärfe und sehr guter Verarbeitung, oder das AF 28-85mm f/3,5-4,5 mit Makrofunktion. Beide auch für 50,- oder weniger zu haben, oft noch mit einer analogen Kamera mit hinten dranhängend. 

Ganz besonders leicht und günstig geht es mit den analogen Objektiven der 90'er bis frühen 2000er Jahre. Nikon baute, wie sehr viele andere Hersteller, immer leichtere Kameras aus sehr sehr viel Kunststoff, die auch immer leichtere Objektive erforderten. Das war nicht gewollt, sondern eher vom lieben "Massenkunden" so gewünscht. Mancher fragte sich, warum er das ganze schwere Spiegelreflexgerödel in den Urlaub oder auf Tante Bertas Geburtstag mitnehmen sollte, wenn es auch mit einer leichten und günstigen Kompakt - Superzoom ging. Darauf reagierte auch Nikon und brachte sehr leichte Kameras (z. B. F65) mit sehr leichten Objektiven heraus. Gewicht ließ sich bloß mit dem Ersatz von Metall durch Kunststoffe sparen, also wurden (bis heute) Kit Objektive mit Plastikbajonett gebaut.

Vom Gehäuse- und Bajonettmaterial jetzt aber auf grundsätzlich schlechte optische Qualitäten zu schließen, wäre ganz falsch. So wie es bei den wertigeren und selbst teuren Nikkoren sowohl Supergläser als auch Gurken gibt, so ist das auch bei den Plastiklinsen der Fall. 

Zu einem absoluten Geheimtipp hat es das wirklich superkompakte und superleichte Nikon AF Nikkor 28-80mm f/3,3-5,6G gebracht (Abb. oben links). Das kommt nicht von ungefähr, denn die etwas windig verbaute Linse ist mit das schärfste Standardzoom überhaupt. Im damals üblichen Silber oder Schwarz wurde es über eine Million mal von Nikon hergestellt und allermeistens im Set (Kit) mit diversen Kameras verkauft. Selbst die D100 und wohl auch die D70 wurden noch damit bestückt, bevor mit dem AF-S DX 18-70mm f/3,5-5,6G ED ein ungleich besser verarbeitetes und eigens für den DX Sensor entworfenes Glas herauskam. Viele zeitgenössische Nikon Kameras in Ebay oder im Gebrauchtregal des Fotohändlers haben folglich entweder die 3,5-5,6D oder die 3,3-5,6G Variante eines solches Glases angesetzt. Dabei ist zu beachten, daß die ältere D - Variante zwar auch sehr gut, aber doch nicht ganz so scharf sein soll wie das spätere und minimal offenere G - Modell. Außerdem wirkt die D - Variante (auf mich) wegen des Plastik Blendenringes nochmals klappriger als das eh schon haptisch grenzwertige G - Modell. Und es gibt noch eine "Variante" als AF 28-100mm f/3,5-5,6G, die mich einmal aber nicht so überzeugte wie das 28-80mm G.

Alle drei und noch einige mehr, sind so günstig und leicht hergestellt wie es nur eben geht. Plastik wo man hinschaut und hinlangt, mitrotierende Frontlinsen und daher dünne Plastikkragen (Nikon HB-20) als Gegenlichtblende, keine ED Gläser und bei den G Varianten dann natürlich nicht mal mehr einen Blendenring, der gewiß einige Fertigungsschritte und Bauteile sparte. Irgendwie paßt aber die Linsenrechnung, denn das G Modell ist ganz erstaunlich scharf. 

Außer CA (Farbsäume an Kontrastkanten), vor allem offen im Weitwinkel, gibt es kaum Negatives zu berichten. Flare gibt es meiner Meinung nach nicht mehr als bei teureren Linsen, die Schärfe ist außerordentlich gut. Farben und Kontraste, sowie die Auflösung sind auf sehr hohem Niveau, Verzeichnungen eher sehr gering. Der Stangen AF ist je nach Kameramodell rasend schnell. Beim brachialen AF meiner analogen Nikon F100 geht das wirklich Zack-Bumm und der Fokus sitzt. Anders kann man es nicht beschreiben. 
Das alles ist erstmal deutlich mehr als man für den sehr geringen Gebrauchtspreis erwarten darf und selbst als Neukauf haben die Linsen gewiß manchen in's Staunen versetzt. 

Nicht unbedingt erwarten darf man aber stabilere Verarbeitungsqualität. Angesetzt an meiner ehemaligen D700, habe ich einmal (und nie wieder) die schwere Kamera am Objektiv vom Bett heben wollen und dabei die Frontlinse samt Tubus herausgerissen. Einfach so...! Und Gott sei Dank fiel die D700 zurück auf's weiche Bett. Totalschaden am Objektiv natürlich, aber schnell für ein Taschengeld ein neues auf Ebay geschossen. 
Mein aktuelles bekam ich mit Originaldeckeln und originaler HB-20 Geli für ganze Euro 23,50 aus einer Ebayauktion. Da kann man wahrlich nicht meckern. Sicherlich ist mir mein AF-S 24-85mm G ED VR lieber, aber manchmal ist es schön etwas sehr leichtes mitnehmen zu können und trotzdem die Garantie für hervorragende Fotos zu haben.

Herr Rockwell mag das Glas auch und läßt sich entsprechend darüber aus:

Ken Rockwell - AF Nikkor 28-80mm G 


Eine andere Möglichkeit für günstiges Glas waren neben älteren Originalobjektiven wohl schon immer Fremdhersteller und bei der AF Fotografie im Besonderen dann Sigma, Tamron oder Tokina. Tamron und Sigma überboten sich während der letzten analogen Zuckungen gegenseitig mit Superzooms bis zu jeweiligen 28-300mm als deren Krönung. Tokina machte es andersrum und brachte ein erstes Superzoom mit mehr Weitwinkel, das AT-X AF 24-200mm. Optisch überzeugen konnten davon beiweitem nicht alle, weder analog noch heute digital. Das sollte man wissen, bevor man sich ein altes 28-200 oder -300mm für seine Vollformatkamera ersteigern will. Der vermeintliche Schnapper macht zwar meistens erstmal einen ganz guten haptischen Eindruck, aber dann lassen Randunschärfen, flaue Kontraste und CA ohne Ende einen doch sehr schnell auf den Boden der Tatsachen fallen. Ausnahmen sind das genannte Tokina mit, für ein Fremd - Superzoom befriedigenden Leistungen, sowie das gute Nikon AF 28-200mm D und das sogar sehr gute Nikon AF 28-200mm G:

http://i-am-henning.blogspot.de/2014/06/nikon-af-zoom-nikkor-28-200mm-f35-56-g.html

Man kann es wohl nicht generell sagen, aber die Chancen auf gute Abbildungsleistungen steigen doch oft mit der Begrenzung der möglichen Brennweite. Weniger Glas, weniger Kompromisse oder nötige Rafinessen bei der Linsenrechnung sind einzugehen. Ein gutes Beispiel ist das oben rechts abgebildete Sigma AF 28-135 f/3,8-5,6 Aspherical IF Macro.
Das Glas hat mich ganze zwei Euro mehr gekostet als das Nikkor, ist aber ungleich besser verarbeitet. Zuschaltbarer Makromodus, Entfernungsskala, Innenfokussierung ohne mitdrehende Frontlinse, Metallbajonett und insgesamt weit bessere Verarbeitung mit deutlich besseren Kunststoffen lassen das Herz lachen. Die Abbildungsleistungen habe ich noch nicht alle kennengelernt, es ist nicht ganz so scharf wie das Nikkor. Aber der Makromodus bis 1:2 war schonmal nicht schlecht, wie man weiter unten sehen wird. Der Zoomring geht sehr geschmeidig und exakt, der AF ist wirklich schnell. Das Übrige werde ich demnächst wohl erfahren, aber grundsätzlich ist das Glas als leichtes Immerdrauf für meine F100 gedacht.
Die Userbewertungen sind gar nicht mal schlecht oder kontrovers, im allgemeinen lobt man das Glas für den geringen Preis. Hier Beispiele:

Photographyreview.com - Sigma AF 28-135mm


Im Vergleich mit dem schon recht kompakten 24-85mm G ED VR fällt vor allem die geringe Größe des AF 28-80mm (links) auf. Und auch das Sigma (Mitte) ist trotz mehr Brennweite deutlich kompakter als das 24-85mm:


Ausgezoomt ist das Sigma am längsten. Das 24-85mm wirkt bloß wegen der voluminöseren Geli länger. Das AF 28-80mm ist auch in längster Stellung superkompakt:


Beim AF 28-80mm gibt es nicht viel zu zeigen, man kann damit scharfe Fotos machen und halt von 28-80mm zoomen. Nicht mehr und nicht weniger. Es gibt weder Blendenring noch Entfernungsskala, keinen Makromodus oder andere Features. Dafür eine schmale Gegenlichtblende und ein (unschönes) Plastikbajonett:





Das Sigma kommt ganz anders daher, will wohl auch mehr sein als ein günstiges Immerdrauf. Da man so etwas später und separat dazukaufte, mußte man ja auch Kaufanreize bieten. Die gesamte Verarbeitung inkl. Oberfläche und Gummierung ist mindestens eine bis zwei Klassen besser als beim Billignikkor, die Innenfokussierung erlaubt Tulpengegenlichtblende und unkomplizierte Verwendung circularer Polfilter:



Blendenring, Entfernungsskala und auch eine Tiefenschärfeskala erfreuen manchen Fotografen und ersteres läßt die Verwendung auch an sehr alten analogen Nikon zu. Es ist übrigens ein D - Objektiv mit Entfernungsübertragung, wie das G - Nikkor auch:


Der Umschalter für Makroabbildungen bis 1:2. Man muß das Objektiv dafür ganz auszoomen. Zum Ausschalten des Makromodus muß man lediglich aus dem Makrobereich fokussieren und dann den Schalter zurückschieben. Mancher nennt diese Bedienung hakelig oder umständlich, ich habe mich sehr schnell daran gewöhnt:



Bei Sigma erfreue ich mich immer wieder an den Metallbajonetten, ich persönlich kenne kein Sigma mit Plastikanschluß. Nikkore, Tamron oder Olympus Zuiko dagegen hatte ich schon mit diesen Billiglösungen. Mindestens von ein par analogen Minolta kenne ich dazu sogar grauselige Bajonettfassungen an den Kameras selbst. Sowas geht gar nicht bei mir, man kann alles übertreiben. Das Sigma zeigt aber auch rückseitig eine hohe Wertigkeit:


Zwei sehr verschiedene Objektive also, die aber beide mehr zeigen als der geringe Neu und heutzutage Gebrauchtspreis erstmal vermuten läßt. Haptisch ist das Sigma deutlich überlegen und bietet sehr viel mehr Ausstattung. Optisch ist das Nikon AF 28-80mm ganz groß und fast ideales Immerdabei am Vollformat. Beide sind kein Must have, aber wenn man günstig drankommt sollte man zuschlagen und sich selber ein Urteil bilden:


Das Nikkor kenne ich von früher und weiß um seine Qualitäten, demnächst zeige ich vielleicht mal was es kann. Ein befreundeter Amateurfotograf ist erstmal recht angetan von dessen Leistung:

Flickr - Kesselbothmedia

Das Sigma habe ich wie erwähnt noch kaum genutzt, aber der Makromodus hat unseren Hauskater schonmal recht gut abgelichtet:





Auch in der Totalen eine gute Leistung:


Und nochmal Makro - Beispiele. Nebenbei ein recht schönes Bokeh und tolle Farben. Und auch Kontraste und Dynamik überzeugen mich erstmal:




Der Start in das Vollformat kann also auch mit deutlich weniger Kohle vonstatten gehen. Sicher kenne ich keine gebrauchte Vollformatkamera für wirklich wenig Geld, selbst die alte aber sehr sehr gute D700 kostet um die 700 - 800,- Euro. Im guten Zustand mindestens. Da muß bei manchem dann halt erstmal eine solche Linse wie oben gezeigt ausreichen. Und das tun sie auch erstmal und gerade solche Dunkelzooms profitieren auch von den High ISO Leistungen des digitalen Vollformates.

Ciao


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