Nikon F-801s und F90x

Beim Stöbern auf Ebay bekam ich doch wieder Lust auf zwei Kameras, die ich jeweils vorher schon einmal hatte. Zwei analoge Meilensteine bei Nikon, was zumindest die AF - Fotografie betrifft. Die Nikon F-801s und die Nikon F90x (gekauft aber jeweils ohne die hier mit abgebildeten Objektive):




Beide waren damals zu ihrer Zeit das Beste von Nikon, was es dort für den gehobenen Amateurbereich gab. Die nochmals bessere Alternative wären eine nahezu unbezahlbare und hochprofessionelle Nikon F4 und später F5 gewesen. Nach unten gab es natürlich andere Kameras, die aber in der Regel nicht ganz so toll verarbeitet waren wie die beiden oben genannten Topmodelle. Die allererste Nikon AF Kamera, die F-501 AF, war zwar hübsch und sehr gut verarbeitet, bot aber einen Autofokus der heutzutage indiskutabel langsam ist. Ich hatte eine und konnte es vergleichen. 
Auch später, bis hin zur technisch teils besseren F80, gab es in ähnlicher oder nochmal besserer Verarbeitungsqualität (Magnesiumgehäuse) dann wohl nur noch die F100. Das aber immer auf den Amateurbereich bezogen und Profipretiosen wie die sauteuren F4, F5 und F6 einmal ausgelassen.

Warum beide Meilensteine waren und was zu ihren jeweiligen Vorgängern (F-801 und F90) verbessert wurde, kann man unter anderem in den verlinkten Seiten unten sehr schön nachlesen, deswegen spare ich mir die allermeisten Einzelheiten:

Nikon - System

Peter Lausch 

Sieht man sich beide Kameras separat an, sehen sie sich auf den ersten Blick sehr ähnlich und natürlich ist die F90(x) ja auch die Weiterentwicklung eines Bedien und Design - Konzeptes, das mit der F-801 eingeführt wurde. Die Vorgänger F-501 und F-401 waren jeweils noch komplett anders designt und hatten wirklich gänzlich andere Bedienkonzepte mit klassischen Zeitenrädern usw..

Hauptunterschiede zwischen den hier gezeigten Kameras aus heutiger Sicht und für meine Belange, sind die fehlende Unterstützung für motorisierte AF-S Objektive bei der F-801s und der nicht nur weit schnellere sondern auch wirklich deutlich bessere AF der F90x, der dadurch heutzutage durchaus noch befriedigt. Die F90x kann zudem die 3D Matrixmessung, wenn die damals neuen D - Nikkore oder spätere G und AF-S angeflanscht sind. Der Rest an Unterschieden ist teils beachtlich, geht für mich allerdings überwiegend als ganz normale Modellpflege durch. Damals tat sich halt noch wirklich mal sehr sehr viel in der Technik. 

Die erste F-801 hatte noch einen alten und sehr lauten AF - Motor, der dann in der F-801s durch einen kernlosen Motor mit deutlich geringeren Geräuschen ersetzt wurde. Was im Einzelnen alles geändert wurde kann man aber besser in obigen Links erfahren. Die F90 war dann (nicht nur) vom AF her nochmals besser und auch die F90x setzte wieder einen drauf. Das allerdings merklich. Wo die F-801s bei weniger Licht einfach nichts mehr erkennt und sich der AF dadurch erst garnicht mehr bewegen mag, stellt die F90x dankenswerterweise immer noch flott und präzise scharf. Die Erkennung ist merklich besser, der AF - Antrieb selbst schneller und die AF - Software auch erheblich schneller als bei den diversen Vorgängerinnen. Damals sogar besser als bei der sauteuren Nikon F4, weswegen übrigens F-801/s und F90/x auch gerne als Zweitkamera oder sogar als Hauptkamera von Profis genutzt wurden. Nicht jeder brauchte schließlich eine extrem robuste F4 oder eine dank integriertem Batteriegriff sehr große F5.  Aus heutiger Sicht wird eine F-801(s) durch den relativ schwachen AF aber ein wenig zur Schönwetterkamera und die F90/x kann man in weit mehr Situationen sicher verwenden. Die Ansprüche erhöhen sich halt auch mit der angebotenen Technik und wenn eine Kamera heutzutage bei weniger Licht den AF verweigert, entspricht sie nicht mehr dem Stand der Technik und je nach Fotograf auch einfach nicht mehr dessen gewohnten Ansprüchen. Wer z. B. auch analog unbedingt den VR der stabilisierten Nikkore verwenden möchte, muß im gehobenen Amateurbereich zwingend zu einer Nikon F80/F100 greifen und kann beide hier vorgestellten Kameras eher vergessen.

 
Die F90x ist etwas schwerer, vor Allem aber deutlich dicker und höher als die dagegen schlanke und fast zierlich wirkende F-801s. Obwohl der Griff der F-801s dadurch ausgeprägter ist, läßt sich die F90x für mich trotzdem besser halten. Handschmeichler sind übrigens beide, die Verarbeitung ist ganz einfach toll und man hat jeweils ein durchaus solides Stück Technik in der Hand. 
Allerdings darf dabei eine Macke der F90x nicht verschwiegen werden. Deren Rückwand hatte ab der Vorgängerin F90 eine Art Gummilack. Ein komisches Zeugs, das so ähnlich z. B. auch Sigma zu der Zeit auf seine Objektive pinselte. Neuwertig wunderbar griffig anzufassen, wurde das Ganze aber nach wenigen Jahren klebrig und löste sich in Teilen ab. Das sah wirklich sehr unschön aus. Im Internet findet man daher teils kurios anmutende Tipps um die Rückwände wieder einigermßen ansehnlich zu bekommen. Bei meiner F90x hat sich schon jemand erfolgreich damit beschäftigt und die Kamera hat eine "nackte" Rückwand mit feinsten Mikrokratzern. Damit kann ich gut leben. Bei der F-801 lag sogar eine funktionierende Datenrückwand MF-16 mit bei, der ich eine neue Batterie verpaßte und an der F-801s anbringe sobald der frisch eingelegte Film voll ist. Man liest übrigens immer wieder den Tip, daß die Rückwand der F90/x gegen eine solche einer F801/s austauschbar wäre. Ist sie nicht, die sehen ähnlich aus, sind aber am Verschluß dann sehr verschieden und gar nicht kompatibel. Rein formal würden sie wohl passen, aber den Verschluß wechseln bringt wegen verschiedener Gegenstücke am Body nichts. Ich habe es versucht.

Das damals neue Bedienkonzept ab der F-801 ist bestimmten heutigen digitalen Nikon SLR gar nicht mal so unähnlich und mit der F-801 wurden ja sogar die kreuzförmig angeordneten Tasten auf der linken Seite eingeführt, die man so ähnlich immer noch auf den topaktuellen D6, D850 und mit anderen Dunktionen versehen sogar auf der Z9 findet und von vielen als perfektes Bedienfeature angesehen wird. Von daher alleine war die F-801 durchaus wegweisend. Außerdem schaffte sie als erste SLR die 1/8000 Sekunde und mit dem eingebauten Motor immerhin 3,3 Bilder pro Sekunde. 
Auch das hintere Einstellrad war neu. Ein vorderes war noch nicht nötig, weil es noch keine G - Objektive ohne Blendenring gab. Die G - Objektive funktionieren an der 801s aber im P und S Modus, weil die Blende dann elektronisch von der Kamera gewählt wird, Tiptasten und LCD waren zumindest bei Nikon neu, F-501 und 401 hatten davor ja noch analoge Drehräder.

An der F90x wurde dieses Konzept weitergeführt und verfeinert. Das Display ist nicht nur größer, sondern informativer und so wunderbar illuminiert, wie man es selbst an heutigen Kameras nicht mehr hat. Gemeinsamkeit ist, daß man Objektive ohne Blendenring verwenden kann. Zumindest in P und S funktioniert die elektronische Blendensteuerung. Zusätzlich kann ich an der F90x z. B. mein AF-S 24-85mm benutzen, wenn auch ohne VR, der damals halt noch nicht existent oder angedacht war. Wem das wichtig ist, der braucht dann wie erwähnt etwa bloß eine F80 oder F100.
Auch deswegen macht die F90x mir heute mehr Spaß als die F-801s, die aber natürlich wunderbar mit ganz normalen Objektiven mit Blendenring betrieben werden kann und halt weniger aufträgt. Für beide habe ich aktuell die AF 28mm 2,8 und AF 50mm 1,8. Dann noch ein Tokina AF 19-35mm und ein erstaunlich gutes, metallenes Sigma AF 28-200mm Schiebezoom. Und das für den Brennweitenbereich superhelle Sigma AF 20mm 1,8. 
Für die F90x dann natürlich noch die aktuellen motorisierten Objektive wie AF-S 50mm 1,8 und AF-S 24-85mm (VR) und das Weitwinkelzoom Sigma AF 17-35mm EX DG HSM.

So, genug der Theorie. Im direkten Vergleich sieht man rechts, daß die F90x dicker ist und höhere Schultern hat, es wurde halt mehr Technik und vor Allem Elektronik darunter verbaut. Dadurch wirkt der Sucher der F-801s höher und der Sucher der F90x breiter:


Von hinten sieht man den Unterschied noch deutlicher. Die F90x hat übrigens links vom Sucherokular einen Hebel für eine innere Verdunklungsblende. Man erkennt vielleicht die bearbeitete und dadurch glänzende Rückwand der F90x. Der Daumenwulst der F90x ist ausgeprägter und selbst mit der jetzt glatten Rückwand läßt sie sich so etwas sicherer halten:



Man sieht dann von oben sehr deutlich, wieviel dicker die F90x im Vergleich ist. Sie kommt sehr viel wuchtiger daher. Sie hat auch teils mehr Bedienelemente, aber man kann am On - Schieber z. B. nicht mehr den (eh nervigen) Beep mit einschalten. Im Blitzschuh gab es an der F90x das Loch für den Arretierstift neuerer Blitzgeräte, den das SB-24 z. B. noch nicht hatte:




Unten war eher Gleichstand, die Batteriekörbe sind austauschbar. Die Bodengruppe ist also nahezu baugleich:



Neben den zwei Batteriekontakten verbarg sich im Batteriefach der F90x aber noch etwas neues. Kontakte für den (ein/abschaltbaren) Hochformatauslöser des Batteriegriffes MB-10:





Das machte die F90x unheimlich handlich mit schwereren Objektiven und erleichterte Hochformataufnahmen. Der Griff paßt übrigens auch an die F-801, F-801s und natürlich an die F90. Letztgenannte konnte man recht günstig bei Nikon auf die Kontakte umbauen lassen, aber an den beiden F-801 war der Hochformatauslöser selbst leider ohne Funktion Der Griff ist sehr schön gestaltet und wertet die Kamera meiner Meinung nach nochmals auf:



Neben dem normalen Batteriekorb der Kamera für vier AA Batterien oder Akkus, gab es dann für den Griff zwei Einschübe. Einmal für gleichfalls vier AA Batterien/Akkus oder für zwei Lithium-Batterien CR123A oder DL123A:




Wunderschön und griffig ist die F90x allerdings für mich auch ohne Griff:



Das damals schon große und sehr informative Display der F-801(s) wurde durch das nochmals bessere und wirklich phantastisch beleuchtete Display der F90(x) absolut getoppt:




Das hat zumindest mit einem Nikon System-Blitzgerät wie dem SB-28 zur Folge, daß beim Anschalten der Kamera-Displaybeleuchtung auch dessen Display aufleuchtet und sich mit der Kamera auch wieder automatisch abschaltet. Gerade wenn es wirklich dunkler ist und man sich um richtige Blitzbelichtung kümmern möchte eine sehr schöne Sache:


Wo die F-801 nur den einen zweipoligen Anschluß für Fernauslöser bietet, hat die F90x bereits den mehrpoligen Anschluß und vor allem wieder eine Synchronbuchse für externe Blitze:



Beider Mattscheiben sind übrigens austauschbar, meiner F90x habe ich die Gittermattscheibe implantiert, die sich davor noch in der F-801s befand. Hier nochmal die Sucher, die wirklich sehr sehr groß sind und dem HP (High Eyepoint) Sucher der legendären F3 HP entsprechen, der für Brillenträger besonders geeignet ist. Das war angeblich durch das Weglassen eines aufklappbaren Blitzes möglich, den es an der F-401 z. B. noch gab. Dazu muß ich aber sagen, daß die der 801 sehr sehr ähnliche F-601 sehr wohl Klappblitz mit großem Sucher vereint. Das ändert aber nichts an den wirklich sehr großen, hellen und übersichtlichen Suchern der zwei Kameras:




Beider Sucher wird ab bestimmer Dunkelheit automatisch und angenehm beleuchtet, was die Kameras von außen durch eine Art Leuchtbalken demonstrieren. Die Beleuchtung ist sehr effektiv, wie man am etwas schwierig entstandenen, unteren Foto sieht:




Neben dem wirklich schon schnellen und sehr präzisen AF und der besseren Handlichkeit spielt für mich aber eine Hauptrolle, daß ich etwa mein supermodernes und aktuelles AF-S 24-85mm VR an der F90x verwenden kann, wenn auch ohne den Stabilisator. AF-S ist nicht unbedingt schneller, aber ungleich leiser als der eigentliche Motor und die Antriebsmechanik des alten Stangenantrieb - AF:



Typisch für motorisierte analoge Kameras ist die weit größere Breite der Bodys, wo DSLR das Mehr an Technik in mehr Höhe verstecken (was aber auch dem hier nicht sichtbaren, rückwärtigen 3" Display der D610 geschuldet ist):


Wer Lust auf analoge AF - Fotografie bekommen hat, es gibt noch viele andere AF - Kameras von Nikon. Wer aber Wertigkeit möchte, sollte eher zu einer der hier genannten Kameras greifen. 
Eine spätere F80 kann teils mehr (nicht nur mit VR Objektiven umgehen), fühlt sich aber deutlich nach Plastik an und ist kein solcher Handschmeichler mehr. 

Eine F100 ist in wohl allen Belangen besser, aber natürlich auch deutlich teurer. Man muß dafür in der Regel weit über 100,- Euro investieren und dann schon überlegen ob sich das für ein paar belichtete Filme lohnt. Für Analogliebhaber ist es aber wohl keine Frage, daß die F100 oder sogar F5 oder F6 die Preise absolut noch wert sind. Und wer einmal eine F100 in der Hand hatte und bediente, für den sind 100 - 200,- Euro eher ein sehr günstiger Preis.

Hier habe ich aber die F-801s und F90x ein wenig vorgestellt. Beides sind sehr potente und extrem gut verarbeitete Kameras, da gibt es keine Frage. Aber die günstigste Konstellation zwischen Anschaffungspreis, sowie gebotener Leistung und Verarbeitung scheint mir im Moment die F90x oder wenigstens die F90 zu sein, die Preise sollten je nach Zustand 25 - 50,- Euro nicht übersteigen. Den hilfreichen Griff MB-10 bekommt man derzeit ab etwa 25,- Euro. Dafür bekommt man analoges Fotografieren in sehr komfortabler Form und kann evtl. auf Teile seiner digitalen Ausrüstung zurückgreifen. Der Vorteil besteht ja auch darin, in fast gewohnter Weise, also teils wie mit seiner DSLR fotografieren zu können. Nicht jedem liegt die gemächlichere Art, mit Handfokussierung über Schnittbildindikator und Mikroprismenring oder gar manuell gesteuerte Belichtung über Nadel oder Leuchtdioden. Mancher möchte halt gewohnt komfortabel einfach bloß einen Film als anderes, älteres Medium belichten.
Ein Nikon SB-600 oder 800 kann übrigens jeweils TTL, D-TTL und I-TTL und kann damit also sowohl digital als auch analog umfassend verwendet werden. Die Nachfolger SB-700 und 900/910 müssen da passen und sind bloß noch digital geeignet. Oder man bekommt z. B. für ca. 50,- Euro einen gebrauchten Metz 48 AF-1, der das dann genau so kann (wie einige andere Metz auch).



Ciao

Nachtrag vom 17.04.2015:

Genau so wie oben beschrieben ist es, die F100 kann alles nochmals besser, liegt supergut in der Hand und kann vor allem auch stabilisierte Objektive steuern. Daher habe ich die F-801s verschenkt und steht die F90x zum Verkauf. Das Bessere ist wirklich des Guten Feind.

Ciao




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